Authentischer Zauber und kretische Gastfreundschaft
Kreta meint es gut mit uns.
Auch an unserem 3. Urlaubstag zeigt sie uns einen nahezu wolkenlosen Himmel. Perfekt für eine (im wahrsten Sinne des Wortes) Fahrt "ins Blaue".
Schon oberhalb von Paleochóra stockt uns der Atem. Hinter einer Kurve bauen sich Gebirgsriesen vor uns auf, während sich zu unserer rechten Seite das tiefblaue Meer wie ein funkelnder Teppich ausbreitet.
Herzmoment!
Dazwischen schlängeln sich die Serpentinen. Wir schlängeln uns auch. Und zwar mit dem Vorsatz, Soúgia erreichen zu wollen.
Was dazwischen passiert, werden wir sehen...
Der warme Fahrtwind weht uns um die Nase. Von draußen hören wir Ziegenrufe. Der Geruch aufgewärmten Fells wabbert durch die Knutschi.
Wir wissen noch nicht, dass in Ázogirés, einem unscheinbar wirkenden Dörfchen mit wenigen Häusern, eine Herzensbegegnung auf uns wartet.
Für mich ist Azogirés ein verstecktes Juwel im südlichen Kreta. Uns hat es mit seinem traditionellen Charme und der unberührten Natur verzaubert.
Das überschaubare Dörfchen ist umgeben von bergigen Landschaften und üppigen Olivenhainen.
Wer hier landet, bekommt zweifelsohne Einblicke in den authentischen Charakter eines ursprünglichen kretischen Dorfes.
Die Zeiger der Uhren scheinen still zu stehen, und die Menschen heißen ihre Gäste mit der viel zitierten griechischen Gastfreundlichkeit willkommen.
Die atemberaubende Landschaft lädt dazu ein, Wanderungen zu unternehmen und die Flora und Fauna der Region zu erkunden.
Azogirés ist der perfekte Ort, um in die Kultur und die Lebensweise der Kreter einzutauchen und die Seele baumeln zu lassen.
Unser bevorzugter Reiseführer von Eberhard Fohrer lässt uns wissen, dass es in dem Kafenion Alfa die weltbesten Omeletts geben soll. Darüber hinaus ist Ázogirés ein Ort voller geheimnisvoller Geschichten.
Womöglich haben die im Wind raschelnden Blätter der Olivenbäume einiges darüber zu erzählen. Wie uns zu Ohren gekommen ist, erzählen manche Einheimische gern von der alten Zeit, von verlassenen Ruinen und von den Geistern der Vorfahren, die noch immer über das Dorf wachen.
Mein Mystik-Monk schreit danach, sich ein eigenes Bild zu machen.
In dem bunt bestuhlten Kafenion werden wir von Athina und der kleinen Sofia freundlich begrüßt. Die Tavernenkatze jagt einem Salamander hinterher.
Klein Sofia berichtet, dies sei die "Katzenmama", bevor das Mädchen mit einem glücklichen Lächeln im Inneren des Cafés verschwindet.
In der Ferne blöken Schafe, irgendwo kräht ein heiserer Hahn. Vögel führen zwitschernde Unterhaltungen. Eine einsame Wanderin stiefelt an uns vorbei.
Aus dem Kafenion duftet es nach unserem bestellten Omelett und nach fruchtigem Orangensaft.
Athina lässt uns wissen, dass sie das Kafenion vor gut einem Jahr übernommen habe.
Das servierte Omelett schmeckt trotzdem - wie im Reiseführer beschrieben - superlecker.
Wenig später lernen wir auch Giorgos, Athenas Mann, kennen.
Was dann folgt, passiert uns nur auf Kreta. Nach auffallend kurzer Zeit sind wir mit den Beiden in sehr vertraute Gespräche vertieft. Ihr wisst schon: Es sind solche Gespräche, die man normalerweise nur mit langjährigen Freunden führt.
Außerdem hören wir etwas über die mystische Vergangenheit der Region, erfahren von der Legende der Nymphen, die in den nahegelegenen Quellen lebten, und wie die Einheimischen eines Nachts von ihrem Gesang verzaubert wurden.
Herzmoment!
Nach dieser Begegnung in dem friedlichen Dörfchen sind wir wieder mal davon überzeugt: Wir brauchen viel mehr Kreta für diese Welt!
Wir streifen noch ein wenig durch das Dorf und entdecken so manches geheimnisvolle Fleckchen. Ein uralter Olivenbaum scheint uns zuzuzwinkern, während wir an ihm vorbeigehen.
Der Mystik-Monk ist jedenfalls hochzufrieden.
Kreta- Tipp: Authentisches Inselgeschehen erleben wir hier: Impressionen aus dem Kafenion Alfa in Azogirés
Auf der weiteren Strecke Richtung Soúgia überrascht uns die Insel mit einer landschaftlichen Weite, die mir eine Gänsehaut nach der anderen beschert. Immer wieder müssen wir geradezu zwanghaft anhalten, um den Duft der Insel einzuatmen und den Zauber Kretas in den Bergen zu fühlen.
Es ist nichts zu hören. Nur das Flüstern des Windes und das Zwitschern der Vögel.
Silbrig glänzende Schwalben schießen durch die Luft und tauchen in der blauen Unendlichkeit aus Himmel und Meer in ein scheinbares Nichts hinein.
Hier oben in den Bergen spürt man den Puls und die besondere Kraft der Insel wie an kaum einem anderen Ort. Wie so oft, kann ich meinen Blick kaum von den weißen Bergen lösen. Ihre Aura trifft zielsicher mitten ins Herz. Immer!
Herzmoment!
Kreta Tipp: Fahrten "ins Blaue" bringen die schönsten Überraschungen. Auf unserer Fahrt nach Soúgia werden wir von traumhaften Aussichten begleitet.
Die friedliche und freundliche Atmosphäre setzt sich in Soúgia fort. Jedenfalls ist das unser Eindruck an jenem schönen Frühlingstag außerhalb der Hauptsaison.
Soúgia präsentiert sich uns als Küstendort mit einem lang gezogenen Strand.
Das kristallklare Wasser glitzert im Sonnenlicht.
Der breite Sandstrand von Soúgia ist anscheinend nicht nur ein Paradies für Sonnenanbeter, sondern auch ein beliebter Ort für Wassersportler. Zumindest deuten diverse Schilder auf die Möglichkeit solcher Aktivitäten hin.
Die Tavernen entlang der Küste bieten köstliche, frisch zubereitete kretische Gerichte.
Sicher lässt sich von hier aus während eines romantischen Abendessens wunderbar der Sonnenuntergang über dem Meer beobachten.
Die Umgebung von Soúgia ist außerdem ein Ausgangspunkt für Wanderungen ins kretische Hinterland, insbesondere für den berühmten Samaria-Nationalpark. Naturfreunde können die beeindruckende Flora und Fauna entdecken und die majestätischen Schluchten erkunden.
In den vielen Tavernen der langen Strandpromenade geht es am Tag unseres Besuches vollkommen entspannt zu.
Sigá, sigá...
In der hübschen Taverne To Tzitziki kehren wir ein. Athena und Giorgos hatten uns den Tipp gegeben. Hier sitzen viele Einheimische beisammen - für uns ist das ein sicheres Zeichen für gute Qualität. Wir trinken zwar nur eine Kleinigkeit, doch auch hier kommen wir mit der herzlichen deutschsprachigen Bedienung schnell ins Gespräch.
Erstaunlich, wie leicht es ist, auf Kreta mit wildfremden Leuten in Kontakt zu kommen.
All das passiert bei einem umwerfenden Ausblick auf die unendliche Meeresweite.
Ich kritzele in mein Reisetagebuch: "Weite ist, wenn du deinen Kopf bewegen musst, um alles zu erfassen."
Soúgia im Mai
Auf der Rückfahrt hat mein bester Ehemann von allen die Gelegenheit, seine hervorragenden Fahrkünste zu präsentieren. Die Strecke ist definitiv nichts für schwache Nerven!
Die Bergstraße ist nicht nur kurvig. Sie ist auch schmal.
Zeitweise geht es ohne jede Randbefestigung so steil nach unten, dass mein mitreisender Drama-Monk in Gedanken tausende von Gebetskerzen anzündet - und insgeheim seine Beerdigung plant.
Spätestens, wenn uns ein anderes Fahrzeug entgegenkommt oder wir einer der Ziegen ausweichen müssen, bitte ich Göttervater Zeus um ein Gebetsbuch.
Und um einen Schutzengel.
Und um zwei Flaschen Raki.
Notiz im Reisetagebuch: Achtung! Route mit Herzinfarkt-Potenzial!!!
Wie gut, dass wir bald darauf in dem traditionellen griechischen Terrassenlokal "Sto Scholeio", der alten Schule, in Ánidri zwischen den Einheimischen sitzen und bei Lyraklängen ein fantastisches Essen genießen dürfen (und den Raki, nach dem ich mich vorhin gesehnt hatte).
Die Taverne Sto Scholeio in Anidri
Das Tagesmenü wird in der wunderbaren Taverne Sto Scholeio übrigens einfach mit Kreide auf eine Tafel geschrieben. für mich ein sicherer Hinweis darauf, dass es kulinarisch traditionell zugeht.
Ánidri selbst ist ein charmantes und (zumindest für mich) künstlerisch inspirierendes Dorf in den Bergen. Die charakteristischen Steinhäuser und schmalen Gassen geben dem Ort einen sehr idyllischen und unverfälschten Charakter.
So klingt unser Tag unter der dicht bewachsenen Pergola in den Bergen Kretas aus.
Es duftet nach würzigen Kräutern, nach Schmorgerichten und frischer Zitrone.
Kalinichta, lieber Herzens-Touri. Schlaf gut. Mit Raki oder ohne. Aber auf jeden Fall mit ganz viel Kreta im Herzen.