Der Ruf nach Frieden
Kandános
Mein bester Ehemann von allen muss sich irgendwas eingefangen haben.
Jedenfalls ging es ihm gestern in den Morgenstunden schon nicht gut, später hat sich Schüttelfrost breit gemacht, und die Nacht war entsprechend unruhig.
Der blaue Himmel, den wir gestern genießen durften, schwächelt ebenfalls . Dichte Wolken bleiben an den Berggipfeln kleben. Das Meereswasser in der Bucht von Paleochóra zeigt sich in einem unfröhlichen Graublau.
Mittags fühlt sich mein Mann wieder fit genug für eine kleine Tour.
Mein Mann ist sicher, dass Kreta mit ihrer einzigartigen Inselapotheke die beste Heilerin der Welt ist.
Kreta ist nicht nur für ihre atemberaubende Landschaft und faszinierende Geschichte bekannt, sondern auch für ihre vielfältige Flora und Fauna.
Jahrhunderte altes Wissen über die bemerkenswerte Wirkung verschiedener Kräuter und Pflanzen ist vielerorts noch weit verbreitet.
Am Bekanntesten ist sicherlich der kretische Diktamos - ein Heilkraut, das seinen Ursprung in dem kretischen Dikti-Gebirge haben soll. Natürlich vorkommend wächst Diktamos ausschließlich in den kretischen Bergen. Oft wird er als Tee angeboten.
Auch Thymian ist eine der bekanntesten und häufigsten Heilpflanzen, die auf Kreta wachsen. Dieser aromatische Strauch wird nicht nur in der kretischen Küche verwendet, sondern ist auch ein kraftvolles Heilmittel.
Thymian hat antiseptische und antivirale Eigenschaften. Unter anderem können sie hervorragend dabei helfen, Atemwegserkrankungen zu lindern. Ein Tee aus Thymianblüten kann den Hals beruhigen und die Abwehrkräfte stärken.
Kretischer Salbei ist ein weiteres bemerkenswertes Kraut, das sich durch seine heilenden Fähigkeiten auszeichnet. Die Blätter sind reich an ätherischen Ölen und Antioxidantien, die entzündungshemmend wirken und bei Magenbeschwerden helfen können.
Zudem wird Salbei traditionell zur Linderung von Menstruationsbeschwerden und zur Unterstützung der Verdauung verwendet. Eine Tasse Salbeitee kann erfrischend und beruhigend zugleich sein.
Wie dem auch sei: Kreta ist ein wahres Paradies für Liebhaber von Heilpflanzen.
In den Bergen Kretas wachsen viele wertvolle Kräuter und Heilpflanzen
Dank der heilenden Wirkung unserer Inselfreundin und nicht zuletzt Dank vieler lieber Genesungswünsche aus den Kreta-Onlinegruppen fühlt sich mein bester Ehemann von allen bald wieder besser.
Deshalb können wir mittags starten und fahren (nur um es mal auszuprobieren) mit der Knutschkugel in die andere Richtung als üblicherweise. Letztendlich landen wir in einem Gebiet mit unzähligen Gewächshäusern.
Schön sind sie nicht.
Aber wir können erkennen, dass dort offensichtlich die extrem leckeren Kreta‐Tomaten angebaut werden. Ihr wisst schon: Tomaten zum reinsetzen - solche, die nicht nach Wasser mit Ketchup-Aroma schmecken.
Die langweilige Fahrt nimmt ein jähes Ende.
Unangekündigt hört die Straße hinter einem windschiefen Gewächshaus einfach auf.
"Endos im Geländos!"
(Anm.: Wortschöpfungen wie diese verdanken wir übrigens der lebhaften Konversation mit unseren griechischen Freunden aus Deutschland. Im Laufe der Jahre sind sie zu einem Merkmal unserer deutsch-griechischen Freundschaft geworden ;) )
Umkehren ist angesagt.
Nach einem Abstecher zu einem winzigen, aber sehr idyllischen Hafen geht es vorbei an Hühner- und Ziegenställen. Der frische Fahrtwind bringt aromatische kretische Landluft mit.
Ein Radio brauchen wir nicht. Wir hören lieber die Hühner gackern und das Rauschen der tosenden Wellen.
Unser erstes "richtiges" Ziel führt uns nach Kandános.
Das so idyllische Örtchen mit der hübschen Kirche hat eine tragische, sehr traurige Geschichte und wird u.a. als "Märtyrerort" bezeichnet. Gedenktafeln erinnern an die Kriegsereignisse.
Wenn man sich vor dem Besuch von Kandános ein wenig mit der Geschichte befasst, bekommen die Namen auf den Tafeln Gesichter und der Wunsch nach Frieden schreit geradezu danach, diesen sinnlosen Mist auf der Welt endlich zu beenden.
Die Spuren der grausamen Kriegsereignisse sind in Kandános allgegenwärtig
Heute herrscht an diesem geschichtsträchtigen Platz Frieden.
Und das ist gut so.
Samantha, die Betreiberin der Taverne Platia Kandános hat unseren nachdenklichen Streifzug bemerkt. Sie lächelt uns an und grüßt jedes Mal, wenn wir an ihr vorbei kommen.
Kein Wunder also, dass wir kurze Zeit später in der gemütlichen Taverne sitzen, in der wir - laut Tafel - das beste Moussaka der Insel bekommen können.
Samantha bestätigt das. Die Speisekarte kennt sie auswendig und zählt jedes einzelne Gericht auf.
Und wisst ihr was?
Die Bezeichnung "bestes Moussaka" ist nicht übertrieben.
Auch die anderen Speisen, die wir probieren, schmecken so fantastisch, dass wir uns vornehmen, in diesem Urlaub noch einmal im "Platia" einzukehren.
Topp-Tipp für Kreta! Das beste Moussaka der Insel genießen wir in Kandános
Hundertprozentig fit ist mein Mann noch nicht. Deshalb fahren wir lieber wieder zurück nach Paleochóra.
Es macht Spaß, in der Vorabendatmosphäre durch die gemütlichen Gassen zu streifen.
Sonderlich voll ist es noch nicht an diesem schönen Abend im Mai. Vereinzelt sitzen ein paar Leute in den Tavernen, und es duftet nach frisch zubereiteten Speisen.
Hin und wider wabbern unaufdringliche Lyraklänge durch die Gassen oder fröhlicher Swing begleitet unseren Streifzug.
Die wenigen Menschen unterhalten sich lebhaft. Kinder spielen an der Hafenpromenade und rennen vor den herannahenden Riesenwellen davon.
Wow, Kreta zeigt ihre Kräfte!
Die Wellen zerschellen tosend an den Felsen und lassen weiße Gischt‐Flocken durch die Luft tanzen.
Das Naturspektakel können wir von dem schönen Kafenion Skala in Paleochóra sehr gut beobachten.
Unser Tag klingt bei einem genialen Ausblick auf Paleochóra und die tobende Meeresoberfläche aus.
Wir sind die Stufen zum Kastell Séllinos hinauf gestiegen.
Der Sonnenuntergang lässt sich nur erahnen. Dennoch legt das weiche Abendlicht einen friedlichen Schleier über den Ort.
Die Überreste des Kastells Séllinos - und natürlich unsere Reiseschildi Zoé vom Kournás-See (glücklicherweise NICHT in Form von Überresten ;) )
Wenn ich ganz tief einatme und meinen Blick über das Meer und die Berge schweifen lasse..., dann kann ich sie wieder spüren, die besondere Magie Kretas.
Kalinichta, du beste aller Inseln.